Schülerfirmen

Solche Einrichtungen sind keine realen Firmen, sondern Schulprojekte mit pädagogischen Zielsetzungen. Schülerfirmen planen, produzieren und verkaufen Produkte und/oder bieten Dienstleistungen an, die Schulen gestalten den rechtlichen Schutzraum für die Durchführung. Es gibt Schülerfirmen, die eine Zeitung produzieren oder Web-Seiten herstellen, ein Schülercafé oder ein Reisebüro betreiben. Im Unterschied zu Planspielen agieren die Schülerinnen und Schüler in Schülerfirmen wie im realen Wirtschaftsleben, sie üben unterschiedliche Tätigkeiten aus und erhalten so differenzierte Einblicke in die Funktionsweise eines Unternehmens. In der Schülerfirma arbeiten ca. acht bis fünfzehn Schülerinnen und Schüler mit. Sie entwickeln die Geschäftsidee und setzen diese um. Sie realisieren im Team die wesentlichen Abläufe, wie sie bei der Gründung und dem Betrieb eines realen Unternehmens am Markt zu finden sind. Sie müssen sich deshalb an bestimmte Regeln und Vorgehensweisen halten, wie sie auch in einer richtigen Firma existieren. Kritische Stimmen wenden ein, dass die Jugendlichen trotz der Mitarbeit in einer Schülerfirma dennoch im Unklaren über die rechtlichen Aspekte einer Firmengründung und dem Führen eines Betriebs gelassen werden, weil hierfür sehr differenzierte und komplexe Rechtskenntnisse erforderlich sind, die in der Regel im Unterricht nicht in der notwendigen Gründlichkeit vermittelt werden können.

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In einem Schülerunternehmen sollen die Schülerinnen und Schüler Eigeninitiative und Teamfähigkeit entwickeln als wichtige Voraussetzungen, um den Übergang von der Schule in Arbeit erfolgreich zu bewältigen. Hierbei geht es nicht in erster Linie um die Vorbereitung von künftigen Unternehmern auf ihr Berufsleben, sondern um die Herausbildung von Kompetenzen, die junge Menschen heute in der Ausbildung, im Beruf und in Jobs brauchen. Außerdem sollen Einblicke in wirtschaftliche Zusammenhänge vermittelt werden. Als pädagogische Schulprojekte erwirtschaften Schülerfirmen nur einen begrenzten Umsatz und Gewinn. Die Schülerteams arbeiten sowohl innerhalb als auch außerhalb der Unterrichtszeit. Die Hauptverantwortung tragen die Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte beraten und unterstützen sie dabei. [Dassler 2019; DKJS 2013; König et al. 2013].

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In Mecklenburg-Vorpommern gibt es die meisten Schülerfirmen in Deutschland, die ersten wurden Mitte der 1990er Jahre gegründet. Mittlerweile entstand eine Reihe von Schülerfirmen ganz unterschiedlicher Prägung, an jeder vierten Schule im Land ist man unternehmerisch tätig, jährlich arbeiten weit über tausend Jugendliche in einer Schülerfirma. Auch in Berlin sind über vierzig Schülerfirmen entstanden, die im „Netzwerk Berliner Schülerfirmen“ zusammengeschlossen sind. Während in Mecklenburg-Vorpommern in allen Schulformen solche Schülerfirmen gegründet wurden, allerdings nur wenige in den unteren Bildungsgängen für benachteiligte Jugendliche, richten sich in Berlin die Schülerfirmen vornehmlich an lernbeeinträchtigte junge Menschen. In den übrigen Bundesländern, beispielsweise in Baden-Württemberg, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen, finden sich ebenfalls vereinzelte Schülerfirmen, oftmals sind dort allerdings häufiger (→) Produktionsschulen eingerichtet worden. [Arbeitsstelle 2003; Senatsverwaltung Berlin 2004; www.fachnetzwerk.net].

In Schülerfirmen sind die Strukturen und die pädagogische Begleitung ebenso wie die Geschäftsideen sehr vielfältig und durch den jeweiligen Kontext geprägt, aus dem heraus sie entstanden sind. Jede Schülerfirma hat eine Geschäftsordnung, die den Rahmen für die Aktivitäten vorgibt und die ökonomischen Tätigkeiten regelt. Der Betrieb einer Schülerfirma ist in der Regel auf ein Schuljahr begrenzt und wird dann durch die Schülerinnen und Schüler selbst abgewickelt, die auch über die Ergebnisse des Geschäftsjahres berichten und über die Verwendung des Gewinns entscheiden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, im darauffolgenden Schuljahr wieder eine neue Schülerfirma an der Schule zu gründen.

Die juristische Einordnung eines Schülerunternehmens muss vor allem vor dem Hintergrund seiner Anbindung an die Schule betrachtet werden. In Mecklenburg-Vorpommern existieren gegenwärtig mindestens drei Varianten: (1) Die Schülerfirma arbeitet in Trägerschaft einer Schule. Dies ist die unkomplizierteste Form, denn sie unterliegt beispielsweise nicht der Meldepflicht bei den Gewerbebehörden. (2) Die Schülerfirma wird in Trägerschaft eines eingetragenen Vereins (zum Beispiel Schulförderverein, Jugendhilfeeinrichtung) betrieben. Diese Trägerschaft bringt einige spezifische, unter anderem steuerrechtliche Fragen mit sich. (3) Das Unternehmen wird durch die Schülerinnen und Schüler als eingetragene Firma gegründet. Dies ist ein eher seltener Fall. Die Schulleitung erkennt die Aktivitäten der Schülerfirma als Schulveranstaltung an, somit entfällt der Eintrag in das Handelsregister, denn Schulen sind eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Weil auch die Gewerbeordnung für das Unterrichtswesen keine Anwendung findet, ist keine Anmeldung beim Gewerbeaufsichtsamt erforderlich. Die Schülerfirmen müssen die vom Finanzamt vorgegebenen Geringfügigkeitsgrenzen für Umsatz und Gewinn einhalten, damit sie kein gewerblicher Betrieb und somit nicht umsatzsteuerpflichtig sind. Ebenso darf die Grenze für einen erzielten Reingewinn pro Jahr nicht überschritten werden, sonst muss Körperschaftssteuer gezahlt werden. [Schelzke/Mette 2008; www.boeckler.de].

Arbeitsstelle für Schule und Jugendhilfe Mecklenburg-Vorpommern (2003): Schüler unternehmen was – Schülerfirmen in Mecklenburg-Vorpommern. Schwerin. – Dassler, Stefan (2019): Schülerfirma in der Schule. Berlin: wvb Wissenschaftlicher Verlag Berlin. – Deutsche Kinder- und Jugendstiftung gemeinnützige GmbH (2013): Wie gründe ich eine Schülerfirma? Magdeburg: DKJS. – König, Hannes; Hilbert, Bernd; Mittelstädt, Ewald; Wiepcke, Claudia (2013): Die Schülerfirma: Didaktischer Leitfaden zur Existenzgründung (Ökonomie unterrichten). Eschborn: Wochenschau Verlag. – Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport Berlin (2004): Netzwerk Berliner Schülerfirmen. Fördern in Kooperation. Berlin. – Schelzke, Arno; Mette, Dieter (2008): Schülerfirmen. Unternehmerisches Denken und Handeln im Spannungsfeld Schule - Wirtschaft. Berlin: Machmit-Verlag.